Eine Frage der Definition

Wenn mich jemand nach meinem Beruf fragt, dann fallen mir ad hoc viele mögliche und passende Berufsbezeichnungen für meine Tätigkeit(en) ein – Illustratorin, Produktentwicklerin, Projektmanagerin, Leiterin Werbung & Marketing, Chef-Einkäuferin, Verkäuferin, Beraterin etc.

 

Dabei bin ich doch per Definition „nur“ freiberufliche Künstlerin. Und damit müsste doch eigentlich alles klar sein und jeder wissen wie der Hase läuft, oder? Zumindest für das Finanzamt und die Versicherung ist mit der Bezeichnung „Künstler“ alles klar. :-)

 

Mir kommt meine offizielle Berufsbezeichnung nur in Kombination mit einer zusätzlichen Erklärung über die Lippen. Das war schon zu Beginn meiner Selbstständigkeit so und hat sich bisher nicht geändert. Aber woran liegt es, dass ich mich mit der Berufsbezeichnung „Künstlerin“ scheinbar schwer identifizieren kann? 

 

1. Künstlerin, klingt wie…

 

…„künstlich“, ergo „unnatürlich“ und „gekünstelt“. Diese Wortassoziation hat sich, warum auch immer, still und heimlich in meinen Gedanken verfestigt. Mit einem negativen Beigeschmack versteht sich. Tja, und das ist ein „Problem“, denn ich bin zu 100 % ich selbst und das spiegelt sich in meinen Arbeiten wider.

 

Ich mag auch das Wort „Kunst“ an sich nicht so gerne. Ich finde, ich mache keine Kunst – ich zeichne Geschichten, Geschichten aus dem Leben eines Vögelchens.

 

2. Künstlerin – kann alles oder nichts heißen

Stelle ich mich lediglich als „Künstlerin“ vor, könnte ich per Definition auch in der darstellenden Kunst, der Literatur oder bspw. der Musik künstlerisch tätig sein. Ohne eine weiterführende Erklärung könnte also mein Gegenüber fälschlicherweise annehmen, ich komponiere Duftschmids erste Sinfonie. :-) Es bedarf dann meist auch noch weiterer Details, ob ich unternehmerisch als Künstlerin tätig bin oder es lediglich ein Hobby von mir ist. „Künstler“ darf sich ja grundsätzlich jeder nennen. Und letztendlich sind wir doch alle auf unsere Art und Weise (Lebens)Künstler. Mir ist diese Bezeichnung in Bezug auf meine Tätigkeit schlichtweg zu „schwammig“ und unspezifisch.

 

3. Künstler sind…

..."chaotisch", "Tagträumer", "nicht bodenständig", "weltfremd" - um nur ein paar der gängigen Vorurteile in Bezug auf das Künstlerdasein zu nennen. Vorurteile, mit denen auch ich in den letzten zwei Jahren schon mehrfach konfrontiert worden bin. Das "Problem" sind für mich persönlich aber nicht die Vorurteile an sich, die gibt es in jedem Beruf, sondern die Tatsache, dass viele Kompetenzen, die ich für die Ausübung meines Berufes benötige, oft kaum eine Chance haben, überhaupt ins Blickfeld zu geraten.

 

Wer mich kennt weiß, dass mich unter anderem hohe Selbstverantwortlichkeit, Organisationsfähigkeit, Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen, Stressresistenz, Kritikfähigkeit und Zuverlässigkeit auszeichnen. Mit Kreativität alleine lassen sich schwer "Werke" an den Mann/die Frau bringen. Strategische und kreative Fähigkeiten müssen in nahezu buddhistischer Harmonie balancieren. :-) 

 

Summa summarum bin ich eine „Multijobberin“, weniger eine „Künstlerin“.

 

Werde ich aber gefragt, was ich beruflich mache, bevorzuge ich mittlerweile die Berufsbezeichnung „Illustratorin“. Damit kann ich mich nämlich voll und ganz identifizieren. :-)